15. Februar 2022 | Schwerpunkt Ladenbau
Helfen alte Werte bei neuen Herausforderungen?
Können Sie es noch hören, das „C-Wort“? Ich auch nicht. Aber irgendwie beschäftigt es uns doch in allen Lebenslagen. Und auch in unserem Arbeitsalltag hat die Pandemie in zahlreichen kleinen und großen Schritten unsere Strukturen verändert.
Als wir im März 2020 den Mitarbeitern die neuen Sicherheitsmaßnahmen erklärt haben (angefangen von keinen gemeinsamen Pausen mehr, bis hin zum Homeoffice), war uns allen nicht bewusst, wie sehr diese Pandemie unser Leben verändern wird. Einige Mitarbeiter waren sehr skeptisch, ob das alles denn überhaupt nötig sei und ich habe damals gesagt: „Kommt, wir machen das alles jetzt mal in den nächsten Wochen und wenn sich dann in fünf bis sechs Wochen herausstellt, dass es übertrieben war, dann ist das ja auch nicht so schlimm gewesen“. Fünf bis sechs Wochen… Das ist nun zwei Jahre her.
Ganz am Anfang der Pandemie hatte ich persönlich die Hoffnung, dass ein großes „Wir-Gefühl“ entstehen könnte, da wirklich alle Branchen und Länder übergreifend betroffen waren. Dies hat sich leider nicht bewahrheitet, da die Sichtweisen zur Lösung der Pandemie nach wie vor zu stark auseinandergehen.
Was sich dafür aber bewahrheitet und verstärkt hat, ist das „Wir-Gefühl“ in unserer Firma. Denn neben all den Dramen gab es auch Chancen und Erkenntnisse, die wir mitgenommen haben.
Die Pandemie hat das Unternehmen enger zusammenrücken lassen.
So hatten natürlich auch wir zu Beginn der Pandemie den Verlust einiger Aufträge zu verzeichnen, da die ersten Kunden ihre Ladenbauprojekte absagten oder pausierten – was jetzt eher nach Drama klingt.
Nach der anfänglichen Schockstarre einiger Kunden aber, wurden die Projekte weitergeführt. Es durfte nach einiger Zeit auch wieder gereist und eingekauft werden und die Marken verstanden schnell, dass sie sich weiter um die überzeugende Produktdarstellung in ihren Shops kümmern mussten. Corona veränderte das Kundenverhalten stark, und auch die Art des Projektmanagements wurde neu bestimmt.
Mehr denn je rücken die Themen „Führen und Kommunikation“ in den Vordergrund. Alles muss genauestens kommuniziert und dokumentiert werden. Alle Teammitglieder müssen gleichzeitig informiert und auf dem aktuellen Stand sein. In Zeiten von Homeoffice gar nicht mal so leicht. Und auch die digitalen Abstimmungen mit Bestandskunden wurden immer wieder auf eine Probe gestellt.
Bei neuen Kunden beispielsweise sind persönliche Treffen für uns sehr hilfreich, um die Arbeitsweise des anderen zu verstehen und Vertrauen aufzubauen und somit nur schwer zu ersetzen. Auch hier mussten wir lernen, mit den neuen „Gegebenheiten“ umzugehen.
Intensive Kommunikation und Führung ließen uns die Hürde „Social Distancing“ bewältigen.
Bei einem Großprojekt im Londoner Kaufhaus Harrods beispielsweise war ein exaktes Aufmaß immens wichtig, da ein fremdes Unternehmen Messingleisten im Boden verlegt hatte, die nahtlos in unseren Möbeln weiterlaufen sollten. Bei einem solch wichtigen Projekt fliegt für gewöhnlich der Projektleiter zum Projektstandort, um Risiken von falschen Maßangaben zu vermeiden. In Zeiten von Corona aber musste diesen Job der zuständige Generalunternehmer übernehmen und per Grundrisszeichnung übermitteln. Vorabnahmen von Möbeln durch den Kunden erfolgten digital über Fotos aus der Produktion, statt durch persönliche Besuche und das Montage-Team vor Ort. Sehr viele Hürden auf einmal und zu viele Fragen, wenn dann doch mal ein Mitarbeiter für ein Projekt in ein anderes Land reisen sollte: Darf er überhaupt einreisen? Wenn ja, mit welchen Dokumenten? Muss er bei Ankunft oder Rückkehr in Quarantäne?
Bei all dem Aufwand und den Umstellungen stellten wir aber auch Gutes fest und bemerkten, wie sich Stärken herauskristallisierten:
Seit nun 115 Jahren Unternehmensgeschichte begleiten uns als Unternehmen immer die gleichen Prinzipien – Individualität, hochwertige Materialien, Vertrauen und Zuverlässigkeit sowie ein besonderer Kundenservice – und genau diese Prinzipien wichen auch während der Pandemie nicht von unserer Seite.
Während die Individualität der Möbel und hochwertige Materialien auch seitens der Kundenwünsche weitgehend von der Pandemie unberührt blieben, waren es umso mehr die anderen Werte, die uns bei den neuen Arbeitsweisen Stabilität gaben:
Die „Extrawurst“ für den Kunden gehört zum Alltag von Anfang an dazu. Kundenservice ist für uns schon immer wichtig gewesen, denn kein Auftrag ist wie der nächste. Dadurch ergeben sich für uns vor allem wenig starre Prozesse und viel flexibles Agieren – das hat uns in diesen turbulenten Zeiten einen großen Vorteil gebracht.
Besonders das Vertrauen in unsere Mitarbeiter und Partner ist in dieser Zeit gewachsen. Man kann sagen: „Vertrauen ist die neue Kontrolle“. Ständig geänderte Regelungen führten dazu, dass sehr häufig kurzfristige Entscheidungen und Umplanungen notwendig waren. In diesen Situationen sind einige Mitarbeiter sehr gewachsen und haben sehr selbständig Entscheidungen getroffen und Lösungen gesucht. Auch unsere Partner haben vieles mit weniger Kontrolle durch unser Team vor Ort umgesetzt und bewiesen, dass wir uns auf sie verlassen können.
Zu guter Letzt ist durch minutiöse Projektplanung vor allem Zuverlässigkeit eine Eigenschaft, die Kunden an uns schon immer schätzten und auf die sie sich auch nun verlassen konnten. Ebendiese Genauigkeit in der Planung hat dafür gesorgt, dass wir, auch durch ausschließlich digitale Kommunikationsmöglichkeiten und Reisebeschränkungen, Projekte verlässlich umsetzen konnten. Und es hat uns darin bestätigt, dass die Werte, die wir in unserem Unternehmen vertreten, auch in Zeiten von Corona noch viel Bedeutung haben.
Zuverlässigkeit stärkt das Vertrauen.
Das Rad neu zu erfinden, war also gar nicht in allen Hinsichten erforderlich. Und auch wenn so manch eine Anpassung oder ein Workshop für Teams, Zoom (und wie sie nicht alle heißen) notwendig war, so musste ich meine Mitarbeiter aber nicht zu Vertrauens-, Verlässlichkeits- und Service-Schulungen schicken. Denn das war nicht neu für uns.
Zurück nun zur Frage, wie uns die Pandemie als Firma verändert hat:
Sicherlich haben sich einige Arbeitsschritte leicht verändert, auch wir „mussten“ digitaler werden, vorausschauender planen und intensiver kommunizieren.
Mussten uns von so manchem persönlichem Austausch -face to face- verabschieden (den ich nun umso mehr nach dieser Zeit schätze). Dennoch hat sich aber insgesamt für uns auch gezeigt, dass sich unsere bestehenden Prinzipien nicht verändert haben (und nicht mussten!). Im Gegenteil: Sie haben sich eher verstärkt.
Alte Werte können also auch Bestand haben, Wachstum fördern und in Zeiten der stetigen Änderungen ein treuer Fels in der Brandung sein.
Evtl. hatten Sie ja auch solche Erkenntnisse? Und falls nicht – denken Sie mal drüber nach. Vielleicht können Sie der Corona-Pandemie ja nachträglich doch noch eine positive Kleinigkeit abgewinnen. Schreiben Sie uns, es interessiert uns wirklich!
Unser heutiger Kolumnist
Stefan Deelmann
Geschäftsführer | MOprojects GmbH
Stefan Deelmann ist gelernter Tischler und hat in verschieden Betrieben und Bereichen als Tischler and später auch als Tischlermeister gearbeitet. Seit 2007 ist er im Ladenbau tätig. Erst als Kalkulator und Projektleiter und seit 2018 dann als Geschäftsführer der MOprojects GmbH. Die Seite der ausführenden Gewerke im Ladenbau ist ihm also bestens bekannt.
Gestartet als kleine Schreinerei ist das Familienunternehmen MOprojects auf individuelle, maßgefertigte Inneneinrichtung spezialisiert und bedient mit seiner Zweigstelle in England seine Kunden weltweit.
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