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Juli 2024 | Schwerpunkt Kunde

Kundenzentrierung im Omnichannel Umfeld

Kundenzentrierung: vom Papiermonster zum Königsweg

Der Kunde ist König. Mindestens. Für viele Unternehmen ist er schon Kaiser – jedenfalls tragen Marketing und Vertrieb diesen Anspruch vor sich her. Ihre Versprechen: Individualisierung, Personalisierung, Erreichbarkeit, Service … Real erlebe ich bei vielen Retailern jedoch eine ganz andere Welt. Minutenlange Warteschleifen, nicht-personalisierte Onlineshops, verschwindende Warenkörbe etc. Behandelt man so eine Königin? Selbstverständlich nicht. Es ist Zeit, Kundenzentrierung wirklich umzusetzen – sonst tun es andere. Dafür ist es am besten, sich dem Thema rückwärts anzunähern, aus der Sicht der Kunden. Unternehmen müssen wegkommen vom reinen Customer Journey Mapping, welche dann plakatweise ganze Flure in Büros schmücken, um zu demonstrieren, wie stark wir uns mit dem Kunden beschäftigen, hin zum aktiven Customer Journey Management.

Fakt: Kundenzentrierung macht erfolgreicher

Jedes Unternehmen bietet Kundenzentrierung, wenigstens auf dem Papier. Das hat einen guten Grund: Eine funktionierende Omnichannel-Strategie, welche die Kunden in den Mittelpunkt stellt, ist erfolgreicher. Das sage nicht (nur) ich, das zeigen zahlreiche Studien – so zum Beispiel eine Analyse von ContactPigeon. Demnach erfreuen sich Unternehmen mit Omnichannel-Strategie an einer um 90 Prozent höheren Kundenbindungsrate im Vergleich zu ihrer Konkurrenz ohne Omnichannel-Ansatz. Oder, noch bemerkenswerter: Omnichannel-Kampagnen erzielen einen um fast 500 Prozent höheren Umsatz als solche, die nur einen einzigen Kanal nutzen. Das bedeutet also, dass Kundenzentrierung und Omnichannel-Strategien wichtig sind, um den Retail-Erfolg heute und in der Zukunft zu sichern.

Beobachtung: Kundenzentrierung ist häufig ein Papiergespenst

Nach den genannten Fakten wäre es logisch, wenn Unternehmen der Retail-Branche sagen: Wir setzen auf eine kundenzentrierte Omnichannel-Strategie. Soweit stimmt diese Schlussfolgerung auch mit der Realität überein. Allerdings ist Sagen nicht gleich Machen. Allzu häufig beobachte ich, dass Kundenzentrierung und Omnichannel nur auf dem Papier gelebt werden – oder wenigstens noch eifrig als Schlagworte durch die Marketing- und Vertriebsabteilungen hallen. Irgendwo zwischen Soja-Latte und New-Work-Workshop geht der gute Gedanke dann allerdings meistens verloren.

Was meine ich damit? Wie eingangs angesprochen, fühle ich mich – aus Sicht einer Kundin gesprochen – in den wenigsten Fällen wirklich im Mittelpunkt. In der Realität ist es im Gegenteil so, dass Anspruch und Wirklichkeit in vielen Betrieben meilenweit auseinander liegen. Das fühlt sich für Kunden ungefähr so an, wie eine edle Seidenbluse im Hochglanz-Shop zu kaufen und dann ein Polyester-Hemdchen zu bekommen. Es liegt nahe, dass sich Kundinnen und Kunden nach einem solchen Erlebnis abwenden. Auch das ist nicht meine persönliche Meinung. Eine Genesys- und Statista-Studie ergab: Für 49 Prozent der Befragten ist eine schlechte Kundenerfahrung ein Grund zur Abwanderung!

Ausblick: rückwärts denken und echte Omnichannel-Kundenzentrierung bieten

Ein Blick auf die Retail-Landschaft im DACH-Raum zeigt, dass aktuell viel Potenzial verschenkt wird – etwa im Vergleich mit den USA, wo Kundenservice seit Jahren personalisiert und individuell verfügbar ist. Typisch USA irgendwie. Und was ist typisch Deutsch – meckern? Ich finde nicht – und daher möchte ich diese Kolumne zu einem Ausblick auf die Möglichkeiten machen (und nicht zu einem Retailer-Bashing).

Für mich liegt die Lösung darin, interne Prozesse rückwärtszudenken, also beginnend mit dem Kunden, seinen Wünschen und seinem Kundenerlebnis. Die Customer Journey sollte am besten nahtlos funktionieren, zum Beispiel mit dem Start über die App. Ein gescannter QR-Code führt direkt zum Artikel, Fragen werden vom Bot präzise beantwortet und der Versand erfolgt schnell. Genauso muss es möglich sein, über den Webshop online zu bestellen und auf die Warenkorb-Historie zuzugreifen – etwa für Wiederbestellungen. Und sinnvolle, auf den persönlichen Bedarf zugeschnittene Produktempfehlungen runden das Angebot ab.

Darauf aufbauend, werden dann alle Prozesse optimiert, vom Verkauf über Logistik, Technologie, das Marketing bis zur Strategieplanung. Das mag einfach klingen, es ist aber nicht weniger als eine Revolution für viele Unternehmen. Einige der wichtigsten Voraussetzungen für echte Omnichannel-Kundenzentrierung sind deshalb: Mut, Konsistenz und Ausdauer. Eine kundenzentrierte Transformation des Business Modells ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Ausdauer und Mut zu haben, lohnt sich!

Unsere heutige Kolumnistin
Melanie Kleemann
Customer Ambassador | Experting für Omnichannel Retail Melanie Kleemann, internationale C-Level Executive, blickt auf mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung zurück. Auf nationaler und globaler Ebene leitete sie eine Vielzahl an Business Transformationen mit dem Fokus auf Customer Centricity, Digital und Omnichannel u.a. für IKEA, VORWERK und JC New Retail – Peek & Cloppenburg Group.
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