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15. März 2022 | Schwerpunkt Quick Service Restaurant

„Draußen nur Kännchen” oder „Döner mit alles”

Wer öfter Essen geht, wird es schon bemerkt haben: Die Gastronomie hat sich in den letzten Monaten massiv verändert. Kürzere Öffnungszeiten, eingeschränkte Leistungen, abgesperrte Sitzbereiche, kleinere Menüauswahl und nicht selten trotz alledem höhere Preise begegnen einem an vielen Orten. Eine gewisse „Draußen nur Kännchen“-Mentalität macht sich wieder breit. Selbst Gastronomiebetriebe, die früher ein Ort der Gastfreundschaft und Willkommenskultur waren, strecken sich nun nach der Post-Corona-Decke. Gastgeber und Gast müssen sich vermeintlich der neuen Realität anpassen. Diese neue Realität wird geprägt von Personalmangel. Das Gastgewerbe hat einen hohen Blutzoll in der Pandemie gezahlt. In einer Branche, in der eh schon eher geringere Gehälter gezahlt wurden, sind selbst 70 Prozent Kurzarbeitergeld nicht genug, um zu überleben. Für eine Servicekraft, zumal eine besonders erfahrene und freundliche, sind Trinkgelder essenzieller Bestandteil des Monatslohns und Gradmesser der erwiesenen Gastfreundschaft und Servicebereitschaft. Die Trinkgelder aber fielen weg in den langen Corona-Schließzeiten. Und so wurden sehr viele Servicekräfte von anderen Unternehmen aus vermeintlich sichereren Branchen abgeworben. Die Folge ist das, was der Gast jetzt vielerorts erlebt. Die neu gewonnene Freiheit hat der Gastronomie eher nicht zu einer Renaissance verholfen. Es herrscht Mangelverwaltung. Die Gastfreundlichkeit tritt hinter den neuen Prozessanforderungen zurück.
Doch muss das so sein?

Gerne berichte ich hier von einigen Erlebnissen in den letzten Wochen meines Lebens zwischen Kaffeehauskultur, Asia-Robotern, New-Fastfood und Berliner Hipster-Gastronomie – alles Beispiele für neue Trends, die es wahlweise auszubauen oder unbedingt abzustellen gilt, je nach Perspektive.

Keine Sorge, das wird kein Reisebericht. Aber die Gastronomie ist auch ein PoS. Und nicht wenige ehemalige Servicekräfte aus Clubs, Kaffees und Restaurants sind schließlich im Handel gelandet. Handel und Gastro können, ja müssen voneinander lernen. Kunden- und Gastfreundlichkeit sind fast dasselbe. Es geht darum, dem Menschen, der vor einem steht, in seinen ganzheitlichen Bedürfnissen zu erfassen, abzuholen, einzubinden und herzlich zu bedienen. Und so sind meine Erlebnisse auch eine Reise durch die „gute Zeiten, schlechte Zeiten“ der Digitalisierung.

Wenn R2D2 Hühnchen süßsauer bringt.

Das Asia-Buffet ist noch immer beliebt, und praktisch. Denn wo ein Buffet steht, bedient sich der Gast selbst. Das spart seit jeher Personal. Der Fokus liegt bei dieser Art Gastronomie auf dem Prozess. Das Zubereiten und Auffüllen der einzelnen Speisen stehen im Fokus. Gebracht werden nur Getränke. Eine besondere Ergänzung konnte ich neulich beobachten. Zwischen der Schlacht am Buffet bewegte sich ein Roboter. Der brachte 28a extra scharf und Hühnchen süßsauer, Frühlingsrollen und Götterspeise an ausgewählte Tische und war das Highlight insbesondere für kleine Gäste. Die optische Mischung aus R2D2 aus Starwars und einer Music-Box der 70er Jahre machte mit nervtötenden Geräuschen auf sich aufmerksam, gab zumindest für westliche Ohren abwechselnd befremdliche asiatische Töne und Warnhinweise von sich und bewegte sich so filigran wie eine Gruppe Betrunkener im Café Keese. Schöne neue Welt, dachte ich. Ob wir demnächst überall von Robotern bedient werden, wenn dieses Ding erstmal mit Küche und Gast vernetzt ist?

Nur Englisch, kein Bargeld.

„English please“, sagte eine Bedienung in einem Kaffee in Berlin neulich zu mir. Kein Problem, dachte ich und bestellte zwei Donuts und einen Latte Macciato. Die Order wurde digital erfasst und einen Meter weiter bei der Dame an der Kaffeemaschine wieder ausgeworfen. Die Dame war wohl Spanierin, mein Host kam aus Osteuropa, der Herr in der Küchenzeile stammte aus Asien, zumindest entnahm ich das den Vornamen auf den Namenschildern. Gesprochen wurde tatsächlich nur englisch. Die meisten Gäste waren Hipster, die an Apple-Geräten mutmaßlich irgendwelche Apps programmierten. Schöne neue Welt, die Gastronomie internationalisiert und digitalisiert sich. Zum Abschluss hieß es dann „no cash“, Zahlung nur per Karte oder mit dem Handy. Cool und hip. Das darf sich auch außerhalb von Berlin noch durchsetzen. Übrigens: Gegenüber dem besagten Café befindet sich ein mexikanisches Restaurant. Dort nimmt man aus Prinzip ausschließlich Bargeld. „No cards, no mobile pay“. So unterschiedlich sind die Kulturen selbst in der Hauptstadt. Ob diese Arten der (Nicht-)Digitalisierung und die gelebte Alternativlosigkeit das Prädikat „gastfreundlich“ verdienen, muss hier jeder für sich entscheiden.

Es gibt Besteller und Bringer.

Eine neue Art des Personalwesens betreibt eine in meiner Nähe sehr beliebte Confiserie. Bestellt wird bei einer immer freundlichen Bedienung. Sie ist es auch, die kassiert. Gearbeitet wird mit dem Handy. Die Bestellung wird dort erfasst und in der Küche, beziehungsweise an der Kuchentheke ausgegeben. Wer mit Karte zahlt, kann dies mittels eines mit eben jenem Handy gekoppelten Kartenlesers. Ganz schön digital für eine Confiserie. Allerdings: Nicht jede Servicekraft hat ein solches Handy und darf Bestellungen und Zahlungen entgegennehmen. Das dürfen nur „Besteller“, erklärte mir meine Begleitung. Die anderen sind die „Bringer“. Die „Bringer“ sind diejenigen, die ausschließlich die Aufgabe haben, Speisen zu servieren und den Tisch abzuräumen. Arbeitsteilung at it‘s best und ein Mittel, dem Personalmangel zu begegnen, denn auf diese Weise muss nicht jeder eine erfahrene und qualifizierte Fachkraft sein. Das ließe sich Weiterdenken. Was wäre, wenn ich gleich mit meinem eigenen Handy bestellen könnte oder mir der Confiseur gleich ein Tablet zur Verfügung stellt? Dann hätte ich als Gast nicht zwei verschiedene Ansprechpartner und könnte auch mein Trinkgeld fairer verteilen.

Meine Currywurstbude ist jetzt digital.

Damit hier keiner denkt, ich speise nur edel: auch Fastfood steht auf dem Programm. Neulich durfte ich feststellen, dass sich mein Lieblingsimbiss digitalisiert hat. Früher saßen hier linke Weltverbesserer neben biederen Finanzbeamten und bedient wurde von Mitgliedern der türkischen Inhaberfamilie selbst. Friends & Family war das Motto. Das Milieu war eher studentisch. Heute sieht es aus wie in einer gestylten Kantine. Eine moderne Kantine, wie ich feststellen durfte. Denn jeder Tisch bekommt dort seit neustem ein Tablet in die Hand und darf sich Pizza, Pasta und CuPoMa (Currywurst-Pommes-Mayo) selbst zusammenklicken. Aber, oh Schreck, meine bisherigen Family-and-Friends-Sonderwünsche waren nicht anklickbar und wurden demzufolge auch nicht erfüllt. Schade. Der Grundgedanke, aus einer analogen eine digitale Erlebnisgastronomie zu machen, ist ja richtig. Aber wenn das Erlebnis getrübt wird, bleibt leider ein Hauch Enttäuschung. Digitalisierung darf nicht zu weniger Nähe und Zuwendung führen. Wo bleibe ich nun mit meinen Sonderwünschen?

Warum erzähle ich das alles?

Ich erzähle das, weil mich diese Themen bewegen. Ich liebe es, (wieder) draußen zu sein und Menschen zu treffen. Ich liebe es, Essen zu gehen und Begegnungen zu zelebrieren. Ich liebe es zu sehen, wenn sich PoS modernisieren und Menschen Service erfahren können, wenn sie Qualität spüren und Genuss erleben.

Digitalisierung darf dem nicht entgegenstehen, sondern kann und muss diesem Ziel dienen. Die Lösungen sind da. Digitale Menüboards mit QR-Codes, an denen der Gast selbst wählen kann, an denen er aber trotzdem begleitet und beraten wird und an denen seine (Sonder)wünsche stattfinden können sind möglich. Die Basis dafür ist nicht in erster Linie technisch, sondern konzeptionell. Nicht das Tool oder der Prozess sollte im Vordergrund stehen, sondern der Gast. Dann gelingen auch Zusatzverkäufe und Upsells. Wo sich der Gast wohlfühlt, bestellt er gerne nach. Tabletts und Boards sollten Instrumente der Gastlichkeit sein. Den Rest machen dann wenige Fachkräfte, die sich dann aber auch voll und ganz auf den Gast einstellen können. Die neue Rolle der Servicekraft sollte die eines Feel-Good-Managers sein, die Prozesse hingegen können automatisiert werden. Digitales und Persönliches sind kein Widerspruch, sondern die ideale Ergänzung.

Die Gastronomie hat ungeahnte Chancen, auch jetzt, mit oder nach Corona. Es gilt, sie zu nutzen und individuelle Lösungen für den eigenen gastronomischen Weg zu finden. Es gibt dafür Standards und Tools. Standardisierung aber bedeutet nicht, alle(s) über einen Kamm zu scheren. Also liebe Gastronomen: Bleibt gastlich! Denn der Kunde will beides: guten Service mit Auswahlmöglichkeiten und individuelle Betreuung in einem Erlebnisraum. Nicht umsonst wird die Gastronomie als „öffentliches Wohnzimmer“ bezeichnet. Denn eines bleibt, wie es immer war: Seinen Döner bestellt man „mit alles“.

Und jetzt Sie? Was darf Ihrer Meinung nach auf keinen Fall beim Italiener Ihres Vertrauens fehlen? Schreiben Sie uns, es interessiert uns wirklich!

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