02. Fberuar 2021 | Schwerpunkt Apokalypse
Retail 2021 – Alles andere als im Off
Geschäftsführer| Rat für Formgebung
Die Reiter der Apokalypse ziehen angeblich schon seit geraumer Zeit durch den stationären Handel. Die Zukunft sieht düster aus: Geschäfte schließen, wie in Westernfilmen wehen vertrocknete Heuballen durch verlassene Innenstädte. An allem schuld waren vor der Pandemie die digitalisierungsfanatischen Generationen XYZ, die angeblich nur noch online kaufen würden. Seit Corona haben wir den Inbegriff des Schuldigen für alles gefunden, was uns nicht passt. Doch auf Megatrends wie die Digitalisierung folgen immer Gegentrends. Die Zukunft liegt in der Synthese – wie wir gerade sehen.
Rettungsanker Offline-Handel
Ohne Frage haben digitale Vertriebskanäle viele Händler durch den ersten Lockdown gerettet und für den nächsten bereits planvoll gewappnet. Kanalübergreifenden Geschäftsmodellen gehört die Zukunft. Doch die Relevanz des stationären Handels darf man selbst in Pandemiezeiten nicht unterschätzen. Showrooms wie das stilwerk oder die Design Post Köln stehen momentan hoch im Kurs, weil sie unter Corona-Auflagen die Live-Präsentation von Produkten ermöglichen und gleich einen ganzen Marktplatz rund um das Thema Design bilden. Das ist Gold wert in einer Zeit, in der sich viele Unternehmen verzweifelt fragen, wie und wo sie ihre neuen Produkte vorstellen sollen. Es sind nicht wenige Unternehmen, die ihre Auftragsbücher bisher vor allem auf Messen gefüllt haben. Doch viele Messen werden nach wie vor abgesagt oder finden in abgespeckter Form statt. Virtuell geht vieles, aber nicht alles – und die erfolgreichen Online-Kanäle muss man aufgebaut haben.
Eine Chance für das Stadtmarketing
Schon fängt der Run auf Pop-up-Stores und Showrooms an. Doch warum allein handeln, wenn man gemeinsam stärker ist? Die Mailänder Design-Woche Fuori Salone oder die Designveranstaltung Passagen, die unter normalen Bedingungen jedes Jahr während der Kölner Einrichtungsmesse imm cologne stattfindet, könnten zu Vorbildern werden. Dort öffnen dann parallel zu den Messen auch in den Cities zahlreiche Showrooms, Institutionen und Galerien ihre Pforten für Endverbraucher und Fachleute. Leerstehende Räume werden von Unternehmen angemietet, um ihre neuesten Produkte zu zeigen. Städte könnten ähnliche Konzepte unterstützen und als Instrument für ihr eigenes Marketing nutzen – sofern die Idee in das Einzelhandelskonzept der jeweiligen Stadt passt. Leerstände würden genutzt, Innenstädte oder bestimmte Stadtteile attraktiver. Marken hätten eine vergleichsweise niedrige Investition, um einen Raum mit Wiedererkennungswert zu gestalten und ihre Produkte zu präsentieren. Davon würden alle profitieren, auch der Endverbraucher, dessen Anspruch an intensive und überraschende Einkaufserlebnisse immer mehr steigt. So könnte eine Vielfalt an Marken erhalten bleiben in Innenstädten, die inzwischen unter der Diktatur der großen Marken leiden. Deren einziger Vorteil ist, dass ich auch in einer mir bisher unbekannten Stadt weiß, dass ich im Zentrum nur wenige Meter gehen muss, bis ich auf meinen Lieblings-Coffee-Shop oder meine bevorzugte Drogerie treffe.
Geschäftsideen brauchen Raum
Die Pop-up-Stores könnten Innenstädte beleben und gleichzeitig Unternehmen unterstützen. Noch weitergedacht: deutsche und internationale Städte könnten zusammenarbeiten und Konzepte erarbeiten, die weit über die Stadtgrenze hinausgehen. PopUp Stores Österreich macht es vor. Die Tourismus & Stadtmarketing GmbH Enns bringt Vermieter und Mieter zusammen und begleitet das Projekt mit Marketingmaßnahmen in ganz Österreich. Welche Branche in den Pop-up-Stores vertreten ist, spielt am Ende des Tages keine Rolle. Von Mode über Technik bis zu Food wäre alles möglich – da sollten wir uns vom manchmal zu engen Korsett der Concept Stores befreien. Auf dem Vormarsch sind inzwischen auch Retail-As-A-Service Konzepte, die es Marken ermöglichen, ihr Produkt am Point of Sale zu präsentieren, ohne gleich ein ganzes Laden- oder Vertriebsnetz zu betreiben. Das bedeutet gleichzeitig die Chance, weniger Invest in die Retail-Strategie, dafür mehr Konzentration auf Markenaufbau und Lieferkette zu setzen.
Was an welchem Standort am besten funktioniert, könnte über datengetriebene Analysen festgestellt werden, so dass keine unnötige Investition vorgenommen wird. Die Möglichkeiten sind vielfältig, vorausgesetzt, die Kontaktbeschränkungen erlauben wieder die Öffnung der Geschäfte und Gastronomie. Aber sind die Städte mutig und kreativ genug, kurzfristig neue Konzepte zu liefern?
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Expertin für Erlebniswelten, Geschäftsführerin | Chocoversum
Als Kind war ich fasziniert von magischen Welten, in denen Abenteuer und Zauberei Wirklichkeit wurden. Heute darf ich in einer Branche arbeiten, die genau das möglich macht: Freizeitparks und Erlebniswelten, in denen wir Gäste in fantastische Welten entführen. Wir schaffen Orte, an denen unvergessliche Momente entstehen. Der Markt wächst rasant, und jeden Tag entstehen neue Konzepte. Doch es gibt einen Punkt in der Customer Journey, der oft vernachlässigt wird: das Shoppingerlebnis.
Der Shop – das ungenutzte Potenzial
Zu oft bleibt der „Shop“ ein Nebenschauplatz – ein Bereich, den jemand „noch nebenbei“ managen soll. Mit schmalen Budgets und fehlender Professionalisierung wird hier Potenzial verschwendet. Dabei ist gerade der Shop das emotionale Finale der Customer Journey, das große Abschlussfeuerwerk, bei dem wir Gäste ein letztes Mal verzaubern und ihnen unvergessliche Erinnerungen mit auf den Weg geben könnten. Zudem könnte er einen erheblichen Beitrag zur Stabilität und Profitabilität unserer Attraktionen leisten – wenn wir bereit wären, in diese Magie zu investieren.
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Neulich fand ich mich auf der Geburtstagsfeier meiner Schwester in einer Diskussion über die Konsumgewohnheiten der Generation Z wieder. Ich fühlte mich ein wenig wie Marty McFly in „Zurück in die Zukunft“ – mitten im digitalen Zeitalter, in dem Likes und Follower mehr wert sind als der klassische Kassenzettel. Willkommen in der Welt der „Zoomer“, wo der virtuelle Applaus den traditionellen Einkaufsbummel ersetzt.
Die Ära der Digital Natives
Länger beschäftige ich mich schon mit der Generation Z, geboren zwischen Mitte der 1990er und frühen 2010er Jahren, die das Einkaufen neu erfunden haben. Während wir noch daran gewöhnt sind, dass der Samstagmorgen dem Wocheneinkauf im Supermarkt gehört, haben die „Zoomer“ bereits den nächsten Trend auf TikTok gesichtet und bestellen ihren Avocado-Toast mit einem Klick.
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Erlebniswelten im Handel – Wo Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen
Anke Heppner
Head of POS Marketing | Douglas
In meiner langjährigen Arbeit im Handel und im Marketing habe ich eines gelernt: Kunden wollen mehr als nur Produkte. Sie suchen nach Erlebnissen, nach Geschichten und nach einem Gefühl, das bleibt, wenn sie das Geschäft wieder verlassen. Doch wie schaffen wir es, den stationären Handel in Zeiten der Digitalisierung und des steigenden Nachhaltigkeitsbewusstseins zu einem solchen Erlebnis zu machen? Die Antwort liegt in der klugen Verbindung von Technologie, Kreativität und Verantwortung.
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Matthias Hofmann
Senior Account Director Enterprise | Scala
Der Supermarkt, in dem ich samstags einkaufe, hat seit Kurzem ein besonderes “Regal”: Hier steht ein innovatives Produkt, das mindestens 70% Marge erreicht – im Gegensatz zu den sonst üblichen mageren 5%. Kein Schwund, kein abgelaufenes Haltbarkeitsdatum – und die Wachstumsprognosen sind so phänomenal, dass der Händler dieses Angebot weiter ausbauen will.
Klingt unglaubwürdig? Ok, ich ergänze: Es geht nicht um ein physisches Produkt, sondern um einen neuen Geschäftsbereich im Einzelhandel: Retail Media Networks.
Stores verkaufen Werbeflächen an Marken. Direkt am POS, wo Kunden kurz vor der Kaufentscheidung stehen. Sehr praktisch, sehr wirksam.
Kundenzentrierung im Omnichannel Umfeld
Kundenzentrierung im Omnichannel Umfeld
Melanie Kleemann
Customer Ambassador | Expertin für Omnichannel Retail
Kundenzentrierung: vom Papiermonster zum Königsweg:Der Kunde ist König. Mindestens. Für viele Unternehmen ist er schon Kaiser – jedenfalls tragen Marketing und Vertrieb diesen Anspruch vor sich her. Ihre Versprechen: Individualisierung, Personalisierung, Erreichbarkeit, Service … Real erlebe ich bei vielen Retailern jedoch eine ganz andere Welt. Minutenlange Warteschleifen, nicht-personalisierte Onlineshops, verschwindende Warenkörbe etc. Behandelt man so eine Königin? Selbstverständlich nicht. Es ist Zeit, Kundenzentrierung wirklich umzusetzen – sonst tun es andere. Dafür ist es am besten, sich dem Thema rückwärts anzunähern, aus der Sicht der Kunden. Unternehmen müssen wegkommen vom reinen Customer Journey Mapping, welche dann plakatweise ganze Flure in Büros schmücken, um zu demonstrieren, wie stark wir uns mit dem Kunden beschäftigen, hin zum aktiven Customer Journey Management.