26. April 2022 | Schwerpunkt Call to action
Ode an die nachhaltige Plattformökonomie!
“Ja, sind wir denn von allen guten Geistern verlassen?“
Fest steht: Nichts ist mehr so wie es war. Die Welt ist nicht mehr nur dem digitalen Wandel der letzten beiden Jahrzehnte ausgesetzt, sondern von den Ereignissen der letzten Zeit in eine kollektive, kraftraubende Disruption versetzt worden.
So schön wäre es gewesen, wenn wir nach der Aufbruchsstimmung der Energiewende und den Chancen aus der Mobilitätswende nun „in Ruhe“ die nächste Ära des Wandels hätten ausrufen können: die der „Ernährungswende“.
Handel und Food-Service-Branche hätten sich Schritt für Schritt mit der Politik und der Wissenschaft auf Wege einigen können, wie wir mit einem holistischem Wandel der Ernährungs-Wertschöpfung den größten Hebel zur Klimaneutralität in Gang gebracht hätten. Ja – „hätten“.
Und nach dem Wandel die Ernährungswende.
Die letzten Wochen haben gezeigt, wie abhängig wir alle voneinander sind, und sie haben gezeigt, dass Wertschöpfung ein hochkomplexes Thema ist. Nehmen wir das Beispiel „Weizenmehl“: Mittlerweile weiß jeder, dass unser Mehl vor allem auch eine ukrainische Angelegenheit ist, und die Düngung der Felder dieses Weizens eine russische. Vom Thema Energie ganz zu schweigen.
Keine Frage – auch meine Betroffenheit angesichts der Gräueltaten des Krieges macht mich in erster Linie ohnmächtig und fassungslos. Diese unbegreifliche Gewalt löst in mir aber vor allem auch eine „Jetzt erst recht“-Haltung aus:
1. Jetzt erst recht sollten wir erkennen, dass wir seit kurzem Technologien zur Verfügung haben, mit denen wir Wertschöpfungsketten völlig neu gestalten können und in der Lage sind den Weg zur Klimaneutralität massiv zu beschleunigen. Vertical Farming, Cell-based-Nutrition und Planetary-Health-Diet sind nur drei von unzähligen „Future-Food-Themen“ die „Planet, People & Purpose“ unter einen Hut bringen.
2. Jetzt erst recht sollten sich der Handel und die Food-Service-Branche bewusstwerden, dass sie die Kraft und das Wissen haben, aus „Konsum & Verpflegung“ wieder wertschätzende Erlebnisse und Abenteuer zu machen. Erlebnisse, die nicht nur Befriedigung in uns auslösen, sondern auch unser inneres „Mental-Health-Ökosystem“ stärken und unser Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung befriedigen können.
3. Jetzt erst recht sollten wir begreifen, dass die Zeiten der profitmaximierenden Haltung ein Ende haben und stattdessen das zweckdienliche und gemeinwohlökonomische Wirtschaften der Schlüssel dafür wird, dass die Zukunft eine lebenswerte Zeit sein wird. Marken wie Patagonia, Share oder die Social-Business-Initiativen meines ehemaligen Arbeitgebers, dem Grameen Creative Lab und Friedensnobelpreisträger Prof. Muhammad Yunus, sind die besten Anleitungen dafür, wie so etwas funktionieren kann.
Und einer muss ja schließlich damit anfangen.
Zusammengefasst lässt sich all das auf eine einfache Formel herunterbrechen: Ökonomische Vernunft x ökologische Moral x Gemeinwohl. Oder anders gesagt: Was wir dem System entziehen, haben wir gefälligst auch ins System wieder einzuzahlen.
„Legt Eure Vorurteile ab und bringt Ideen mit“, das ist die Haltung, die es jetzt braucht. Gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen Politik und Wirtschaft bringen uns nicht weiter – der Fingerzeig auf die Wissenschaft, die alle Antworten allein haben sollte, auch nicht. Und schon gar nicht der Gedanke, dass „die Menschen“ ja eh nicht gewillt oder in der Lage zu holistischem Ökosystem-Wandel sind.
Was es jetzt braucht, ist eine geeinte Stimme, die über jegliche persönliche Befindlichkeiten erhaben ist. Was es jetzt braucht, ist eine gemeinsame Vision nachhaltiger, plattformökonomischer Welten, die nicht nur nach dem „the winner takes it all“-Prinzip funktionieren. Warten wir nicht länger auf die Stimmen guter Geister, fangen wir lieber damit an, in Innovationsbündnisse zu investieren, die unser Wissen vermehren, anstatt es gegeneinander im Wettbewerb zu verwenden.
Und jetzt Sie? Wann dachten Sie das letzte Mal „Jetzt erst recht!“ ? Schreiben Sie uns, es interessiert uns wirklich!
Unser heutiger Kolumnist
Christian Hamerle
Co-Founder Food Service Innovation Lab | Dussmann
Christian Hamerle ist 1975 in Wien geboren und aufgewachsen und war lange Zeit als Redakteur und Formatentwickler für den ORF und diverse deutsche Fernsehsender tätig. Seit mehr als zehn Jahren ist er in Deutschland beheimatet und ab 2016 war er Leiter des digitalkulturellen Zentrums von SAP in Berlin. Ab Anfang 2020 war er in Wiesbaden für den Friedensnobelpreisträger Prof. Muhammad Yunus als Creative Director des Grammeen Creative Lab für gemeinwohlökonomische Transformation zuständig. Ende 2020 hat er dann gemeinsam mit dem Familienunternehmen Dussmann Service Deutschland, Europas erstes Kompetenzzentrum für die Food Service Branche gegründet. Seitdem treibt er mit seinem Team den holistischen Ökosystemwandel der Foodservice-Branche voran und kümmert sich um nachhaltigen Genusskulturwandel. Als Keynote Speaker referiert er über das Thema „how to humanize digitalization“ und über den kulturellen Wandel in Zeiten der digitalen Transformation.
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