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02. März 2021 | Schwerpunkt Verantwortung

PSYCHOPATHEN, CHOLERIKER, NARZISSTEN –
WIR HABEN SIE ALLE LIEB!

Executive Creative Director | THE STORE DESIGNERS

Wie beginnt eine Kolumne, wenn schon im Betreff Schei* stehen müsste? Das war die letzten Tage mein Gedankenkarussell. Was ist für Sie, liebe Leser, zumutbar? Und bereits damit beginnt das Thema Verantwortung. Als ich im letzten Sommer mit der Kolumnenreihe begann, war ich angespornt, erfrischende, leichte Texte aus dem Alltag im Handel, flott und frisch, durch die Leitungen zu jagen. So wie mir ein ehemaliger Radiosprecher und heutiger VMler von Galeria Karststadt Kaufhof in einem Workshop mal verriet: „Radio hat immer die Aufgabe, gute Laune zu verbreiten. Kolumnen sind immer süffisant.“ Ich muss korrigieren, das folgende Thema ist scheiße und da müssen Sie jetzt leider durch.

Im Laufe der Berufsjahre begegnen wir vielen Menschen und haben Einblicke in die unterschiedlichsten Unternehmen.

Da sind die großen Konzerne mit den großartigen Markennamen, die vor Effizienz und Prozessen strotzen, oftmals getrieben von Machern und Beratern, getragen von unglaublich loyalen Mitarbeitern, die für den Erfolg manchmal bis zur Selbstaufgabe gehen, ja fast devot. In Konzernen, in denen Politik auf höchstem Niveau regiert, Marketing immer gegen Vertrieb und Vertrieb immer gegen Marke argumentiert.

Da sind die Mittelständler, die Familienunternehmen, bei denen aus Politik Familienaufstellungen werden und aus Loyalität Ehre, Geschwindigkeit eine andere Dimension bekommt, Werte motivieren oder auch blockieren.

Und da sind wir. Die Dienstleister. Wir kommen immer mit dem Blick von außen, liefern Gedankenschmalz, Ideen, Lösungen, kämpfen Seite an Seite, treiben an, inspirieren, fiebern mit, bis zum letzten Moment – und werden dafür bezahlt. Dabei mit Bedacht nicht zu nahe zu treten, diplomatisch, aber auch ehrlich zu sein, niemals Partei zu ergreifen und doch für jeden ein offenes Ohr zu haben, verschwiegen, persönlich, motivierend, mitfühlend – und Dienstleister. Die Erwartung an uns ist oft das Unmögliche möglich zu machen, den blinden Fleck zu sehen, das fehlende Puzzleteil, und sich dabei geschickt auf dem Parkett der Eitelkeiten von Politikern, Vorständen, Investoren, Betriebsräten, Gründern und Handelspartnern zu bewegen – und alle Bedürfnisse zu befriedigen.

Aber es gibt Grenzen. Es ist der Mensch, der uns scheitern lässt, niemals die Aufgabe.

DER PSYCHOPATH

Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zufolge treiben vor allem Menschen mit psychopathischen Zügen wirtschaftskriminelle Handlungen voran. Zwischen 2014 und 2016 waren fast die Hälfte der großen Unternehmen in Deutschland von wirtschafskriminellen Vorgängen im eigenen Haus betroffen. Der geschätzte Schaden etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr.

Mein Psychopath war Geschäftsführer eines größeren Unternehmens. Er wollte nach getaner Arbeit seine Rechnung nicht zahlen, reden wollte er auch nicht und jeder Form von Vermittlung wich er aus. Lieber trieb er den Machtkampf bis zum äußerten Gerichtstermin, log, betrog, verdrehte nachweislich die Fakten. Beschäftigte mehrere Anwälte und Richter 1,5 Jahre mit dem Katz- und Mausspiel. Schreckte nicht zurück am Ende den Getäuschten, Naiven zu spielen. Als der Richter das Urteil zu seinem Nachteil sprach, zeigte er sein wahres Gesicht. Zuerst erzürnte er, um danach Witze zu machen.

Es war für ihn nur ein Spiel. Für uns ein immenser Schaden.
Was können Sie dagegen tun? Nichts.

DER CHOLERIKER

Der Choleriker ist der harmlosere im Unternehmen. Immer berechenbar impulsiv, grenzüberschreitend, anmaßend, respektlos und diskriminierend – Kontrollverlust als Auslöser.

Mein letzter Choleriker war Geschäftsführer einer angesehenen Hochschule. „Professor, Dr. Dr.“. Er wollte seiner Vertragsvereinbarung nicht nachkommen, bezahlen wollte er auch nicht und verantwortlich sein schon mal gar nicht. Er ignorierte jede Form von Kontakt, ließ sich abwimmeln, verleugnen, zögerte raus, vergaß, versetzte. Als ich ihn endlich ans Telefon bekam und ihn fragte, wie ich sein Verhalten nun zu deuten hätte, war es geschehen. Ich bin zu dumm, zu blöd, zu begriffsstutzig, hysterisch, unverschämt, unfähig und über dies hinaus sowieso für alles verantwortlich. Als er merkte, dass er mit seinen Triaden keinen Erfolg erzielte, schmiss er den Hörer auf. Da war er wieder, der Kontrollverlust.

Es war für ihn nur ein Ausrutscher, für mich eine bleibende Kerbe.
Was können Sie dagegen tun? Nichts.

DER NARZISST

Bei einer Befragung durch die German Graduate School of Management and Law wiesen von 850 Führungskräften 300 eine hohe Persönlichkeitsstörung auf. Besonders betroffen sind Anwälte (36 %), Manager (27 %) und Ärzte (22 %).

Mein Narzisst war ein langjähriger Kunde. Ein lockerer Typ in tiefsitzenden Jeans, mit Vans und Cap. Charmant und witzig, freundschaftlich, flirty und doch verwunderlich – immer wieder Single. Er kam immer dann, wenn er was brauchte. Baute schnell eine sehr persönliche Ebene auf, kommunizierte gerne über WhatsApp, auch am Wochenende. Er wollte Teil des Teams sein, irgendwie dazugehören, nahm alles mit, was es umsonst gab, sofern es ihm nutzte. Sobald wir jedoch von ihm etwas brauchten – Freigaben, Informationen, Unterschriften oder einfach nur unseren Lohn – reagierte er fahrig, unzuverlässig, harsch. Er maß generell mit zweierlei Maß. Es gab seine Wahrheit oder keine Wahrheit. Um ihn herum waren nur unfähige Idioten. Oft waren wir Vermittler zwischen allen Beteiligten, die Diplomaten, Übersetzer, Heinzelmännchen, doch nie nahm er davon Notiz – er war der Macher. Seine Projekte liefen gut, solange wir perfekt funktionierten, weil alle in unserem Team ihn mochten, so nett wie er sein konnte, wenn es nach seinen Vorstellungen lief. Er gierte nach Erfolg, das Auftragsvolumen bei uns wuchs, die Abhängigkeit auch.

Und dann kam Corona. Obwohl sein Unternehmen auf der Gewinnerseite der Krise stand, brauchte er uns nicht mehr. Falsch, er brauchte nur noch eine. Man konnte schließlich noch mehr Gewinn machen, vergessen waren die Zusagen. Schnell fing er an, unserer Mitarbeiterin heimlich Angebote zu machen. Dass sie mit einem möglichen Wechsel die Kündigungen aller Kollegen aus ihrem Team besiegelte, war für sie eine Last, für ihn eine Nebensächlichkeit. Der Krieg war eröffnet, denn wer nicht für den Narzissten ist, ist gegen ihn und gehört zerstört.

Es gibt Sätze. Und es gibt Sätze, die alles verändern.

Der Satz lautete: „Geil – jetzt wo ihr abhängig von mir seid, macht ihr es mir für die Hälfte.“ Nie hätte ich gedacht, dass ich jemals in meiner Karriere das Deutsche Grundgesetz zitieren würde, aber: “Die Würde des Menschen ist unantastbar.”

Die Trennung war für ihn unverständlich, unfair, rücksichtslos. Für uns die Befreiung.
Was können Sie dagegen tun? Nichts.

Kürzlich fragte mich eine Mitarbeiterin, ob ich nicht Sorge hätte, er würde diese Kolumne lesen und sich wiedererkennen. Da musste ich schmunzeln. Denn ein echter Narzisst liest diese Geschichte und fragt sich: „Mensch, was war denn das für ein Arsch?!“

Und wenn Sie mich heute fragen, was ich tun würde, wenn ich den Dreien wieder begegne? Nichts.

Denn es ist der Mensch, der uns scheitern lässt, niemals die Aufgabe. Es ist eine Frage der Verantwortung – für die Konsequenz des eigenen Handelns, Verantwortung dem Unternehmen und unseren Mitarbeitern gegenüber und am Ende auch gegenüber uns selbst.

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Na, fühlen Sie sich ertappt. Kein Wunder, das geht wohl den meisten so und es gibt ja auch eine Menge wonach man sich zurücksehnen kann.
Nehmen wir mal das Thema Mitarbeiter, oh sorry, Mitarbeitende, ich war doch gerade wieder einen Moment im Früher.
Man hatte als Arbeitgeber die Möglichkeit aus einer Vielzahl von Bewerbungen auszuwählen, man konnte in gewissem Rahmen Ansprüche stellen und sogar über wesentliche Punkte der künftigen Zusammenarbeit verhandeln. Aus heutiger Arbeitgebersicht das reinste Schlaraffenland.
Aber, es gibt wie immer im Leben zwei Seiten. Wer sich vor etwa 30 Jahren selbst beworben hat musste Gas geben, auch mit gutem Ausbildungsabschluss und klarem Fokus auf das was man beruflich erreichen möchte, waren die Hürden hoch den Traumjob zu ergattern. Eine Vielzahl von Konkurrenten machte einem das Leben schwer, oft wurden Kompromisse eingegangen, um beruflich erst einmal Fuß zu fassen. Das war einmal.

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Optimismus in herausfordernden Zeiten…

Ich will nichts mehr davon hören! Mag darüber nicht mehr reden! Von 2023. Diesem Totengräberjahr der guten Stimmung bei den Konsumenten und den diese versorgenden Händlern gleichermaßen. Da wollten wir doch alle nach
den so sonderbar hinter Masken versteckten Gesichtern der schon sehr speziellen Jahre 2020-2022 solide in 2023 durchstarten. Wollten speziell im Handel die wiederkehrenden Massen an Kunden in unseren Läden begrüßen,egal ob als digitale Shopper oder von manchen noch viel dringender erhofft als Kunden aus Fleisch und Blut in den zunehmend verwaisten Läden der
Innenstädte. Nach dem Lieferkettendebakel zuvor waren zumindest die Produkte allesamt wieder da, Social Media war in der Breite als neuer Kommunikationskanal zum Kunden hin entdeckt worden und mit staatlichen Geldern aus dem kollektiven Säckel wurden sogar die Vinylböden der nochmal-
gerade-eben-so geretteten Kaufhaus-Dinos gewienert. Dann kam 2023.
Bumm! Autsch. Bauchlandung!

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Rückblick 2023, Schwerpunkt NEU

Rückblick 2023

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Geschäftsführerin | The Retail Experience GmbH

Das Jahr ist vorbei. Fast. Die letzten Tage und Stunden im Handel ziehen sich dahin wie Kaugummi. Oder, um bei der Überschrift zu bleiben, sind so geschmackvoll wie schaler Champagner. Was bleibt, ist die Erinnerung an das Prickeln des ersten Schluckes. Verdrängt wird der abgestandene Beigeschmack. 2023… Das Jahr hat uns mit seiner Fülle an Herausforderungen und Wendepunkten gezeigt, dass wir nur selten das bekommen, was wir erwarten. Oder gar was wir erhoffen. Der Anfang war verheißungsvoll, er schmeckte nach Aufbruch, nach Veränderung, nach Hoffnung. Alles wird besser…
Und jetzt? Keiner weiß so recht, was sich mit dem Rest im Glas anfangen lässt. Wegkippen oder runterkippen? Und dann?

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Der Einzelhandel benötigt bedeutsame Erlebnisse

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