Logo The Retail Academy

13. Dezember 2022 | Digitalisierung im Einzelhandel

Datenbasierte Entscheidungen statt Bauchgefühl

Wann waren Sie das letzte Mal in der Innenstadt shoppen oder haben ein Kaufhaus besucht? Wie empfanden Sie Ihr Einkaufserlebnis? Seien Sie ehrlich – hatten Sie das Gefühl, gut betreut und beraten zu sein? Oder sind Sie gar nicht erst hingegangen, sondern haben direkt online bestellt? So oder so ähnlich geht es heute vielen Verbrauchern. Warum noch physisch shoppen, wenn ich auf Knopfdruck alles online bekomme?

Ehrlich gesagt: Auch ich fahre für ein USB-Kabel oder neue Aufsätze für die Zahnbürste nicht mehr extra in die Stuttgarter Innenstadt, sondern bestelle bequem von Zuhause aus. Der E-Commerce macht’s möglich. Und trotzdem glaube ich an die Kraft und die Notwendigkeit eines guten stationären Handels. Denn: Shopping-Erlebnisse gibt es nur hier.
Es ist genau dieses Ausprobieren, Testen, Vergleichen sowie die persönliche Beratung, die den Einzelhandel zu dem macht, was er ist! Folgerichtig: Will der stationäre Handel in Deutschland für die nächsten Dekaden gut aufgestellt sein, muss er handeln und die Digitalisierung in all ihren Facetten ernst nehmen. Die Zeit ist reif für eine digitale Renaissance im Einzelhandel! Doch wieso zögern immer noch so viele Einzelhändler beim Thema Digitalisierung?

Unverschuldet, hausgemacht oder existenziell – Probleme gibt es viele

Der Handel steht vor beispiellosen Krisen und Problemen: Erst die pandemie-bedingten Ladenschließungen, nun hohe Energiekosten und eine sinkende Konsumlaune durch höhere Ausgaben von Verbrauchern – und auch der Personalmangel ist weiterhin spürbar. Solche externen Faktoren kann man auf keinen Fall dem Handel vorwerfen. Und doch stand auch schon vor Ausbruch der Pandemie der Handel an einem Scheideweg – nun der Brandbeschleuniger, denn andere Faktoren sind durchaus hausgemacht: Bei vielen Händlern herrscht noch immer große Skepsis gegenüber der Digitalisierung. Der E-Commerce wird als Bedrohung anstelle zusätzlicher Chancen (Stichwort „Omnichannel“) begriffen. Das alles wird begleitet von fehlenden Investitionen in die Digitalisierung aufgrund mangelnden Vertrauens in neue Technologien. Muss denn immer erst das Haus brennen, bevor man sich einen Feuerlöscher zulegt?

Forwarded Renaissance – die Wiederbelebung des Einzelhandels

Was der Einzelhandel heute braucht, ist eine vorwärtsgewandte Renaissance. Klingt ungewöhnlich und unlogisch? Keineswegs. Gemeint ist eine Rückbesinnung auf das wesentliche Merkmal des Einzelhandels: den persönlichen Service vor Ort, die Beratung, das Erlebnis beim Shoppen. Unterstützt wird diese Rückbesinnung durch zukunftsfähige Technologie, die genau diese Merkmale zu neuem Leben erweckt.
Denn seien wir ehrlich: Am E-Commerce führt für viele Verbraucher kein Weg mehr vorbei. Im Gegenteil: Der Trend geht deutlich zu mehr statt weniger E-Commerce. Was bleibt übrig vom traditionsreichen Einzelhandel? Warum gehen Menschen heute überhaupt noch in die Innenstädte?
Es ist der direkte Service vor Ort, der den Einzelhandel gegenüber dem Onlinehandel stark macht. Gute Beratung und eine eindrückliche Erfahrung vor Ort mit allen Sinnen ist online durch nichts zu ersetzen. Kein QR-Code und keine virtuelle Realität wird die echte Realität ersetzen können. Doch so wie unsere tägliche Welt immer mehr mit der Online-Welt verschmilzt, so müssen auch stationäre Händler die Chancen der Digitalisierung ins Auge fassen und zum Vorteil ihrer Kundschaft – und damit auch direkt zum eigenen Vorteil – nutzen.

Bauchgefühl adé, hallo datenbasierte Entscheidungen!

Ein entscheidender Vorteil von Technologie: Sie lässt keinen Spielraum für Spekulationen. Viel zu häufig verlassen sich Händler heute noch auf ihr Bauchgefühl – und sollen das auch weiterhin tun, jedoch nicht entgegen klarer Fakten durch Datenanalysen. Besucherstromanalysen beispielsweise können mit einer nahezu hundertprozentigen Genauigkeit Kennzahlen zu den Besuchern eines Stores wiedergeben. Wie lange verweilt die Kundschaft im Schnitt? An welchen Tagen ist das Aufkommen und der Traffic am höchsten? Welche Rolle spielen Ferienzeiten? Wie viele Besucher haben tatsächlich gekauft, wie hoch sind die durchschnittlichen Einkäufe? Wer diese und weitere Kennzahlen genau bestimmen will, kommt an digitalen Tracking-Tools nicht mehr vorbei.
Oftmals sind Händler, mit denen ich spreche, erstaunt darüber, was wir (datenschutzkonform) alles über ihre Kundschaft und die Fläche des Stores herausfinden können. „Das alles können Sie mit ein paar Sensoren und einer einzigen Software abbilden?!“, heißt es nicht selten. Ja, können und tun wir. Für zahlreiche Marken und Händler in Deutschland und ganz Europa.
Kürzlich haben wir unsere sensalytics-Software vom reinen Tracking-Tool auf eine Art „digitalen Assistenten“ für das Personal weiterentwickelt – das Stichwort lautet „Predictive Analytics“. Wir nennen diesen digitalen Assistenten die „CX Engine“. Die Idee ist simpel: Ein Algorithmus kann anhand bereits gesammelter Metadaten genau erkennen, wenn ein Kunde Hilfe benötigt oder Beratung braucht.

Es braucht digitale Assistenten im Service

Beispiel gefällig? Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Sie betreten ein großes Schuhgeschäft und irren mehrere Minuten umher, ohne eine Fachkraft vorzufinden. Unsere Sensoren haben Sie dabei längst erkannt (nicht SIE als Privatperson, sondern Sie als anonymer „Kunde X“). Der Service-Mitarbeiter, der gerade im Lager umräumt, erhält durch unsere Software eine Nachricht auf sein Smartphone oder seine Smartwatch: „Eine Person auf der Fläche an Regal 5 braucht dringend Beratung“. Der Mitarbeiter stoppt das Karton-Sortieren, berät Sie, bringt Ihnen die richtige Größe aus dem Lager und Sie verlassen als glücklicher Besitzer neuer Schuhe das Geschäft.

So kann es laufen, wenn das gesamte Geschäft auf Ihren Besuch ausgerichtet ist. Denn seien wir ehrlich: Die Kosten für den Kundenbesuch sind bereits enorm, bevor er das Geschäft überhaupt betreten hat: teure Mieten, teure Flächen, teures Marketing u.v.m. Am teuersten ist es jedoch, wenn Sie den Kunden im Geschäft haben und er – frustriert von schlechtem Service – nicht wiederkommt. Wir können es nicht weiter dem Zufall überlassen, ob ein Kunde gut beraten und glücklich ist oder nicht.

Technologie nicht als Selbstzweck, sondern zur Optimierung des Services

Dass Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern immer ein im Vorfeld festgelegtes Ziel verfolgt, ist klar. Es ist keinem Händler damit geholfen, sich zum Teil kostspielige Technologie auf die Fläche zu holen, ohne einen klar erkennbaren Gewinn daraus zu ziehen. Denn: Bei Digitalisierung kommt es nicht selten zu hohen Anschaffungskosten, ein Investment will also gut überlegt sein und sollte mittelfristig Umsätze steigern und zum Gewinn beim Händler führen.

Fazit: Der Handel von morgen muss sich digital aufstellen

Controlling, Marketing, Strategie, Einkauf, Beratung, Facility Management: Wer seine Kundschaft kennt, der ist klar im Vorteil. In Rückbesinnung auf die zentrale Stärke des Einzelhandels – den Service, die Beratung – kann Technologie genau hier ansetzen und den Vor-Ort-Service optimieren. Retail-as-a-Service Stores wie The Latest, Vaund oder urban bird machen vor, wie es gehen kann: Der Verkauf steht hier im Hintergrund. Es geht um die Vorstellung neuer Produkte, die Experience vor Ort.
Nutzen wir die Möglichkeiten digitaler Technologien, den Menschen wieder als Menschen zu beraten. Wir sollten es uns wert sein.

Und jetzt Sie? Wie stehen Sie der Digitalisierung im Einzelhandel gegenüber?
Schreiben Sie uns gerne, wir freuen uns wirklich über jede Nachricht!
post@the-retail-academy.com

Unser heutiger Kolumnist
Omar Tello
Gründer und Geschäftsführer | sensalytics Omar Tello ist Spezialist für die Messung und Analyse von Besucherströmen auf kommerziell genutzten Flächen. Mit seinem Unternehmen sensalytics bietet er Einzelhandelsunternehmen wie ALDI SÜD, der OUTLETCITY METZINGEN oder Retail-as-a-Service Stores wie THE LATEST, VAUND oder urban bird die Möglichkeit, Besucherströme in Echtzeit zu messen und daraus strategischen wie operativen Nutzen zu ziehen. Omar Tello arbeitet bereits seit 10 Jahren im Bereich der Sensor-Analytik und ist immer am Puls der Zeit. Dabei legt er großen Wert auf Benutzerfreundlichkeit und Komplexitätsreduktion. Der Anspruch: analytische Tiefe und Verständlichkeit, Komplexes einfach zu machen.
NEUE IMPULSE GESUCHT?

Unser Programm | Ausgewählte Veranstaltungen zum Thema

Nachhaltigkeit im Einzelhandel

Nachhaltigkeit im Einzelhandel

Vom Nischen-Lifestyle zum Megatrend

22. Juni 2023

Was wir außerdem anbieten

Hier geht's zum Programm Weiterbildung

Noch Fragen

Anrufen: 0221 292129-20

SIE HABEN AUCH WAS ZU SAGEN?

Wir sind überzeugt, dass nur Experten mit Herzblut den Handel nach vorne bringen können. Damit alle, deren Herz für Retail schlägt, sich vernetzen können, haben wir The Retail Academy gegründet. Sie sind erfahren und haben auch eine Meinung? Lassen Sie mal hören! Beleben Sie unsere #Retailkolumne mit Ihrer Sicht auf die Dinge! Wir sind gespannt, was Sie zu sagen haben.

Wir lieben Retail. Schreiben Sie uns!

post@the-retail-academy.com

Die letzten Retail-Kolumnen

KI | Bilder, die die Welt verändern

KI – Bilder, die die Welt verändern

Kolja Pitz

Gründer | Plateau Candy

Am 16. März 2023 war es so weit: Das Update v5 von Midjourney, einer bildgebenden KI-Software, wurde live geschaltet und läutete ein neues Zeitalter der Bildproduktion ein. Die KI produzierte Bilder von derart haarsträubendem Fotorealismus, dass sie von echten Fotografien kaum mehr zu unterscheiden waren. Der Papst in einer Moncler-Jacke, ein frisch verhafteter Trump in Agonie – solche Bilder irritierten und begeisterten gleichermaßen auf den Social-Media-Plattformen, weil viele User sie schlicht für echt hielten. Bislang galt die Erzeugung von fotorealistischen Medien durch CGI/3D-Programme, (mit echten oder echt aussehenden) Menschen, als Königsdisziplin. Diese Produktionen waren langwierig, aufwändig und oft mit hohen Kosten verbunden. Das Update von Midjourney hat bereits jetzt spürbar das Ende dieser Ära eingeläutet…

mehr lesen

Lust auf Macht? | Frauen an der Spitze

Lust auf Macht?

Alexandra Hirsch

Former VP Indirect Procurement | DEUTZ AG

„Frauen in Führungspositionen“ ist ein heißes Thema, angetrieben durch den enormen Fachkräftemangel. Quoten wurden eingeführt, Frauengruppen in Netzwerken entstehen, Medien berichten immer mehr von erfolgreichen Frauen an der Spitze. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Über die Hälfte der Hochschulabsolvent:innen sind Frauen. Aber in den 200 größten Unternehmen Deutschlands beträgt die Frauenquote knapp 16%. An den Hochschulen sieht es mit einem Anteil von lediglich 27% Professorinnen nicht viel besser aus. Was passiert mit den vielen top ausgebildeten Frauen?
Diese Frage treibt mich auch nach fast 30jähriger Karriere in männerdominierten Unternehmen um. .

mehr lesen

Be(e)* sustainable – aber wie? | Nachhaltigkeit

Be(e)* sustainable – aber wie?

Rebecca Wolf

Marketing Managerin | casualfood GmbH

Als ich im Jahr 2020 ins Nachhaltigkeitsteam berufen wurde, war ich zugegebenermaßen zunächst eher skeptisch. Können wir in der Verkehrsgastronomie wirklich so nachhaltig arbeiten, dass wir eine komplette Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln und sich mit unseren Inhalten ein kompletter Bericht füllen ließe?
*Was es mit den Bienen in unserem Nachhaltigkeitsbericht auf sich hat, darüber berichte ich gleich auch noch.

mehr lesen

Vom KÖNNEN zum WOLLEN | Selbstverwirklichung

Vom KÖNNEN zum WOLLEN

Beate-Christin Hastedt

Gründerin | Coaching Fabrik und ZwanzigEff

Selbstverwirklichung möchten wir auch im Job. Auswahlkriterien sind Sicherheit, Spaß und das eigene Können. Aber was ist, wenn man irgendwann mehr will, als das, was man KANN? Was ist, wenn man sein WOLLEN herausfinden möchte? Und einer Passion nachgehen möchte, die einen ganz neuen Weg für einen selbst einschlägt? Beate Hastedt sagt Ihnen, warum Sie immer die Wahl haben!

mehr lesen

Ein Hoch auf Angebotsprospekte | Digitale Angebotskommunikation

Ein Hoch auf Angebotsprospekte

Silvia Delonge

Head of Client Services | Territory GmbH

Wertvoll oder kostspielig? Wie sieht Retail-Marketing von heute aus? Ist gedruckte Angebotskommunikation noch en vogue? Oder sollte man besser auf Digital umstellen?
Silvia Delonge hat die Lösung parat und teilt uns mit, was wir vor lauter Optimierungsgedanken nicht vergessen dürfen: die Customer Experience. Denn manchmal macht’s die Mischung.

mehr lesen

Schließen Sie sich über 13.000 interessierten Retailern an!

Verpassen Sie keine Retail-Kolumne mit spannenden Meinungen von Handelsexperten und Branchen-Insidern und werden Sie als Erste informiert, wenn wir wieder neue Weiterbildungen in Form von Online-Vorträgen, Workshops und Retail-Touren freischalten.

Datenschutz

Fast geschafft! Bitte bestätigen Sie Ihre Anmeldung über die E-Mail, die wir Ihnen gerade gesendet haben.