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27. Oktober 2020 | Schwerpunkt Service-Strategie

Zurück in die Zukunft

Former Chief CustomerOfficer | IKEA Deutschland

Sie werden es nicht glauben, ich bin neulich in die Vergangenheit gereist. Das ist physikalisch unmöglich? Eine Frankfurter Boutique, deren Namen ich aus Pietätsgründen nicht nenne, beweist das Gegenteil. Mein einziges Anliegen: ein Kleid zurücklegen lassen. Daraufhin wurde ich angeschaut, als sei ich gerade durch ein blaues Portal direkt aus der Zukunft in den Laden gefallen. Und ja, so habe ich mich auch gefühlt. Aber der Reihe nach.

Der Handel verändert sich, das ist nichts Neues – das zeigt ja schon das Sortiment. Hier sind die Händler nicht bei Schulterpolstern und Nieten aus den 80ern stehengeblieben. Neu ist allerdings die Geschwindigkeit, mit der sich die Kundenbedürfnisse ändern. Da reicht es eben nicht, die hippe High Water Jeans ins Schaufenster zu hängen. Ich spreche von fundamentalen Ansprüchen, die moderne Kunden haben. Customer Experience. Flexibilität und Service orientiert am individuellen Kundenbedarf. Das ist 2020 in Mode und macht den entscheidenden Unterschied am POS – und sicher auch in Zukunft.

Individueller, kundenorientierter Service ist DER Differenzierungsfaktor!

So gaanz neu ist das wiederum auch nicht, denn im Grunde wurde dieser Trend mit dem Aufkommen des kundenzentrierten E-Commerce in den 1990ern ausgelöst – allerdings im Schneckentempo. So wäre es vielleicht auch weitergegangen, wenn nicht Corona die Welt ereilt hätte. Die Pandemie hat nämlich, so eine Untersuchung von McKinsey, die digitale Adaption der kommenden fünf Jahre im Handel auf den schmalen Zeitraum von acht Wochen komprimiert. Neben den digitalaffinen Personen werden selbst viele Online-Erstkäufer diesem Vertriebsweg treu bleiben. Das bedeutet Turbodigitalisierung. Sie erfolgreich zu meistern, ist bei Weitem nicht nur eine Frage der Technik. Wenn alle Händler automatisieren, digitalisieren und ihr Sortiment online präsentieren – wo ist dann das Alleinstellungsmerkmal? Im Grunde sind nach der Digitalisierung alle Anbieter auf einem Niveau. Mit einem Unterschied: dem Service in der persönlichen Begegnung. Die erfolgreichen Krisenbewältiger haben es erkannt: Individueller, emotionaler Service und ein einzigartiges Kundenerlebnis sind die Wachstumstreiber.

Aber es gibt nicht nur Gewinner im Retail. Ein Händler, der mit der Entwicklung nicht schritthalten konnte, ist Galeria Karstadt Kaufhof. Zu starr die Konzepte, zu unflexibel das Business Model. Die Kunden kommen, schauen und kaufen – vielleicht. Ganz anders reagierte zum Beispiel Breuninger auf die Disruption. Der Modehändler hat innerhalb weniger Wochen eine virtuelle Beratung realisiert. So laufen persönlicher Kundenservice und Online-Shop erfolgreich parallel. Ähnliches gibt es jetzt übrigens auch bei IKEA. Individuelle Serviceleistungen gibt es aber nicht nur bei großen Unternehmen. Seit Neustem kann ich auch bei meinem Metzger um die Ecke ein handgeschnittenes Steak reservieren.

Kunden da erreichen, wo sie sind: Innovationspotenzial Multichannel

Für manche Händler war die Disruption durch Corona sogar Auslöser für einen regelrechten Innovationssprung. Die Münchener Boutique Mohrmann Basics hat zum Beispiel das Schaufenster via Instagram einfach aufs Smartphone transferiert. Apropos München, apropos Instagram: Der Store Sois Blessed (Beschreibung nahezu unmöglich, am besten einmal besuchen) betrieb während des Lockdowns den Handel mit trendigen Trockenblumen einfach über die sozialen Medien weiter, inklusive Lieferung nach Hause. In Hamburg kombinierte der urbane Blumenhändler Winkel van Sinkel kurzerhand persönlichen Kundenservice mit digitalem Vertrieb. Interessenten laden ein Bild ihrer kahlen Zimmerecke hoch und erhalten einen Gestaltungstipp.

Was aus meinem Kleid geworden ist? Ich weiß es nicht. Vielleicht konnte sich eine Kundin spontan entscheiden, vielleicht musste die Boutique auch komplett auf Umsatz verzichten. Darauf läuft ihr kundenunzentriertes Konzept nämlich hinaus: keine Flexibilität, keine Berücksichtigung des individuellen Kundenbedarfs, kein Gewinn. Ich bin jedenfalls gegangen, ohne etwas für „vielleicht zwei Stunden“ zu reservieren. Als ich aus der Tür kam, zischte ein E-Roller haarscharf an mir vorbei. Die Gegenwart hatte mich wieder.

Wie erleben Sie Service im Handel? Und wo liegen Ihre Herausforderungen?
Schreiben Sie mir, ich will es wirklich wissen!

Unsere heutige Kolumnistin

Melanie Kleemann

Former Chief Customer Officer – IKEA Deutschland Melanie Kleemann ist eine international ausgerichtete Führungspersönlichkeit mit über 25 Jahren operativer und strategischer Geschäftserfahrung – national und international. Als C-Level Executive, Coach und Mentor hat sie ausgeprägte Erfahrung in Neudefinition und Weiterentwicklung von nationalen und internationalen Strategien und der digitalen Transformation zur nachhaltigen Steigerung von Kundenzufriedenheit und Wachstum. Sie ist bestens vertraut mit der Entwicklung und Umsetzung tiefgreifender Transformationen, um Veränderungen und Wachstumschancen am Markt auszuschöpfen.
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Denken Sie auch manchmal… …früher war vieles besser!
Na, fühlen Sie sich ertappt. Kein Wunder, das geht wohl den meisten so und es gibt ja auch eine Menge wonach man sich zurücksehnen kann.
Nehmen wir mal das Thema Mitarbeiter, oh sorry, Mitarbeitende, ich war doch gerade wieder einen Moment im Früher.
Man hatte als Arbeitgeber die Möglichkeit aus einer Vielzahl von Bewerbungen auszuwählen, man konnte in gewissem Rahmen Ansprüche stellen und sogar über wesentliche Punkte der künftigen Zusammenarbeit verhandeln. Aus heutiger Arbeitgebersicht das reinste Schlaraffenland.
Aber, es gibt wie immer im Leben zwei Seiten. Wer sich vor etwa 30 Jahren selbst beworben hat musste Gas geben, auch mit gutem Ausbildungsabschluss und klarem Fokus auf das was man beruflich erreichen möchte, waren die Hürden hoch den Traumjob zu ergattern. Eine Vielzahl von Konkurrenten machte einem das Leben schwer, oft wurden Kompromisse eingegangen, um beruflich erst einmal Fuß zu fassen. Das war einmal.

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Optimismus in herausfordernden Zeiten…

Ich will nichts mehr davon hören! Mag darüber nicht mehr reden! Von 2023. Diesem Totengräberjahr der guten Stimmung bei den Konsumenten und den diese versorgenden Händlern gleichermaßen. Da wollten wir doch alle nach
den so sonderbar hinter Masken versteckten Gesichtern der schon sehr speziellen Jahre 2020-2022 solide in 2023 durchstarten. Wollten speziell im Handel die wiederkehrenden Massen an Kunden in unseren Läden begrüßen,egal ob als digitale Shopper oder von manchen noch viel dringender erhofft als Kunden aus Fleisch und Blut in den zunehmend verwaisten Läden der
Innenstädte. Nach dem Lieferkettendebakel zuvor waren zumindest die Produkte allesamt wieder da, Social Media war in der Breite als neuer Kommunikationskanal zum Kunden hin entdeckt worden und mit staatlichen Geldern aus dem kollektiven Säckel wurden sogar die Vinylböden der nochmal-
gerade-eben-so geretteten Kaufhaus-Dinos gewienert. Dann kam 2023.
Bumm! Autsch. Bauchlandung!

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Rückblick 2023, Schwerpunkt NEU

Rückblick 2023

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Geschäftsführerin | The Retail Experience GmbH

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Der Einzelhandel benötigt bedeutsame Erlebnisse

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