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November 2023 | Schwerpunkt Strategie

Einzelhandel benötigt bedeutsame Erlebnisse!

Gründer und Herausgeber I Frame Magazin

Wir sehen es schon seit Jahren: Kultur als Aktivator des Einzelhandels. Kunstobjekte und interaktive Installationen sollen den Verkehr steigern und die Verweildauer verlängern. Und es schien zu funktionieren. Es schien, denn die Traumehe zwischen Kunst und Einzelhandel ist ernsthaft unter Druck geraten. Zum besseren Verständnis sollten wir an den Anfang zurückgehen.

Partnerschaft zwischen Kunst und Einzelhandel
Wie bei vielen Innovationen im Einzelhandel liegen die Wurzeln der Partnerschaft zwischen Kunst und Einzelhandel wahrscheinlich in der Arbeit von Rei Kawakubo. Die Kreativdirektorin von Comme des Garçons führte Ende des letzten Jahrhunderts skulpturale Elemente in die von Future Systems entworfenen Flaggschiffe ihrer Marke ein und verwandelte die Geschäfte in kunstvolle Galerien. Mit den Dover Street Markets geht sie noch einen Schritt weiter. Ein Einkauf in diesen Modekaufhäusern ist wie ein Besuch in einem Themenpark für Erwachsene: Hinter jeder Ecke überrascht eine als Kunstwerk getarnte Auslage.

Ihre Arbeit inspiriert Marken wie Gentle Monster dazu, Displays von der Kunst zu lösen. In den Geschäften der koreanischen Brillenmarke ziehen extravagante Installationen die Aufmerksamkeit auf sich. Drinnen sollen schlichte Displays die Besucher zum Brillenkauf animieren. Auch die Betreiber von Einkaufszentren – oft uninspirierende, wenig anregende Umgebungen – haben den Dreh raus. Wie Einzelhändler ihre Geschäfte gestalten, können sie nicht kontrollieren. Sie können jedoch kontrollieren, was sich im Eingangsbereich und in den Gängen abspielt. Dort sollen Skulpturen von oft bekannten Künstlern und faszinierende Installationen à la Gentle Monster die Besucher in die oft langweiligen Läden locken und für Unterhaltung zwischen den Einkäufen sorgen. Die Verbraucher müssen eine Erfahrung machen. Bekanntestes Beispiel für diese Strategie: die gepriesenen SKP-Malls in China.

Der Verbraucher muss eine Experience erleben.
Doch bei einem kürzlichen Besuch in Shenzhen konnte ich feststellen, dass selbst die angesagtesten Kunstwerke und attraktivsten interaktiven Installationen nicht mehr für volle Gänge, geschweige denn für volle Geschäfte sorgen.

Schauplatz des Verbrechens: das Einkaufszentrum C Future City

Prolog: Der Entwickler will ein zukunftsweisendes Einkaufsziel schaffen, voller kreativer Geschäfte für kreative Menschen. Und voller Erlebnisse. Hier kommt TeamLab ins Spiel, bekannt für seine interaktiven digitalen Installationen. Das japanische Studio eröffnete vor weniger als einem Jahr einen seiner digitalen Vergnügungsparks in dem neuen Einkaufszentrum. Und als ob das noch nicht genug wäre, kann TeamLab auch den öffentlichen Raum mit digitaler Kunst bereichern. Auffälligstes Werk: Die Japaner verwandeln eine Außenwand entlang einer Rolltreppe in ein digitales Display und bepflanzen sie mit lebenden Pflanzen.
Verbrechen: So märchenhaft die Arbeit von TeamLab auch ist, so wenig Sinn hat sie letztlich. Es ist wunderschön und macht im Moment Staunen. Aber was trägt es zum Universum des Konsumenten bei, der nach Bequemlichkeit und Verbindung sucht?
Epilog: Kaum ein Jahr nach der Eröffnung ist der Run auf C Future City noch nicht da. Lokale Experten sprechen sogar von einem Misserfolg. Auch die wirtschaftliche Durststrecke ist nicht gerade hilfreich.

Welche Lehren können Einzelhändler und Entwickler hieraus ziehen?
Die Ära der oft attraktiven, leicht zu fotografierenden, aber meist bedeutungslosen Erlebnisse neigt sich dem Ende zu. Post-Covid-Konsumenten legen Wert auf ihr Wohlbefinden und die Verbindung mit anderen. Sie suchen nach Einzelhändlern, die ihrem Leben einen Sinn geben, indem sie Gutes für die Menschen und den Planeten tun. Bedeutet dies, dass kulturelle Erlebnisse im Einzelhandel nicht mehr relevant sind? Nein, aber sie müssen den Ansprüchen der Verbraucher von heute gerecht werden.

Schönheit und Wunder sind nicht mehr gut genug.

Unser heutigeR Kolumnist

Robert Thiemann

Gründer und Herausgeber I Frame Magazin

Robert Thiemann ist Gründer und Geschäftsführer von FRAME, die globale Platform für Intelligenz im Bereich Innengestaltung. Er berät Unternehmen über Retail und Work.

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Das war eigentlich schon immer meine Antwort auf die Frage: „Was willst du später mal machen?“ Viel mehr habe ich mir dabei auch lange nicht gedacht. Um zu erklären, wie ich dadurch auf den Studiengang Retail Design im Einzelhandel gekommen bin, gehe ich nochmal kurz ganz an den Anfang zurück.
Schon als Kind habe ich mich für die scheinbar unsichtbaren Dinge interessiert. Stundenlang habe ich mich mit einem Würfel oder dem Blatt eines Baumes beschäftigt. Mit jedem erneuten Hinsehen, mit jedem Wenden und Analysieren gab es auch wieder etwas Neues zu entdecken. Genau das hat mich fasziniert.

Es ist dieses „Sehen mit Hingabe“, das es mir heute ermöglicht, Details präzise wahrzunehmen, die Perspektive zu wechseln und so zunächst unscheinbare Dinge immer wieder neu zu entdecken und zu hinterfragen. Dieses Beobachten und Analysieren inspiriert mich stetig dazu, kreative Konzepte zu entwickeln und neue Narrative entstehen zu lassen.

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