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29. März 2022 | Schwerpunkt Dimension Selbstbedienung

Die Revolution nach Tante Emma

Würden Sie mich fragen, ob ich der Behauptung zustimme, dass der E-Commerce die größte Revolution sei, die der Einzelhandel in seiner Geschichte erfahren hat, würde ich verneinen. Zweifellos – der Online-Handel hat eine neue Dimension eröffnet und eine neue Ära geschaffen für die Art und Weise, wie wir heute einkaufen. Doch die eigentliche Revolution, die hat schon rund 50 Jahre früher stattgefunden: Und zwar mit der Einführung und Verbreitung der Selbstbedienung! Sie war ein Quantensprung, der nicht nur den Einzelhandel selbst, sondern auch die Prozesse auf den Vorstufen des Handels radikal verändert hat. Mehr noch: Die Selbstbedienung hat ganze Wirtschaftszweige initiiert – von der Verpackungsindustrie über die Produktion von Ladeneinrichtungen und Geschäftsausstattung bis hin zur Handelstechnologie.

Aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, wie das Ganze begonnen hat und wie der Lebensmittelhandel noch in den 50er Jahren funktionierte: Marmelade wurde aus Blecheimern in Gläser abgefüllt, Eier in Tüten abgezählt, Heringe aus der Tonne in Zeitungspapier eingewickelt. Die Aufgaben der Händler lagen nicht nur bei der Verteilung, sondern auch in der Abpackung von Waren sowie in der Bedienung.

Die Transformation der Tante Emma Läden.

Ursprünglich kam die Idee der Selbstbedienung aus den USA. Schon in den 30er Jahren soll es dort flächendeckende Testreihen mit Selbstbedienungsläden gegeben haben, in denen die Kunden selbst ihre Einkäufe zusammenstellten und zur Kasse brachten. In Deutschland war es Herbert Eklöh, der im November 1938 in Osnabrück den ersten SB-Laden auf deutschem Boden eröffnete. Bis diese Vertriebsform hierzulande Fuß fasste, sollte dann aber doch noch bis Anfang der 50er Jahre dauern.
Dabei ging der Hauptimpuls zur Einführung der Selbstbedienung nicht etwa vom Handel aus, sondern von der Industrie. Die aufkommende Massenproduktion im Zuge der steigenden Kaufkraft und des raschen Bevölkerungswachstums forderte eine Umstellung der Distribution. Mit dem traditionellen Bedienungsverkauf konnte das exponentiell wachsende Warenangebot nicht mehr an die Endverbraucher abgesetzt werden. Es wuchs die Erkenntnis, dass nur die Selbstbedienung auf Dauer in der Lage ist, einen breiten Durchfluss an die Verbraucher herzustellen. Insofern könnte man also sagen, dass die Selbstbedienung nichts anderes als die Anpassung der Distribution an die Methoden der Massenproduktion ist.
Auch in der Nonfood-Branche löste die mehr und mehr offen praktizierte Warenpräsentation tiefgreifende Veränderungen in der gesamten Ladengestaltung aus. Die gute alte Holzeinrichtung in den Lebensmittelläden hatte ausgedient und wurde durch die Metalleinrichtung nach dem Baukastensystem ersetzt. Datenkassen lösten die Registrierkassen ab. Bei der Ausleuchtung der Geschäfte verdrängte die Leuchtstoffröhre die Glühbirne.

Ursprünge der Selbstbedienung.

Die Aufgabe, das Wissen und die Erkenntnisse rund um die neue Vertriebsform dem Handel zu vermitteln, übernahm ab 1957 dann das Institut für Selbstbedienung in Köln. Als neutrale Gemeinschaftseinrichtung der Handelsverbände bestand die Hauptaufgabe des ISB darin, die Selbstbedienung allen Kreisen des Handels zugänglich zu machen. Auf Initiative des ISB hin entstand in den 60er Jahren die Fachmesse EuroShop in Düsseldorf. Schnell machte sie sich als Leistungsshow des Handels einen Namen und entwickelte sich in kurzer Zeit zur weltweit größten Fachmesse für den Investitionsgüterbedarf des Handels.

Als ich 1984 beim ISB meinen ersten Arbeitsvertrag nach dem BWL-Studium unterschrieb, war die Transformation der „Tante Emma-Läden“ zu leistungsstarken SB-Betriebsformen längst abgeschlossen. Die 80er Jahre waren die Blütezeit der SB-Großflächen und an diesem Flächenwachstum hatte die erfolgreiche Nutzung neuer Technologien einen großen Anteil. EAN-Strichcodes und die Einführung des Barcode-Scannings bedeuteten einen Durchbruch, denn sie ermöglichten eine lückenlose Erfassung aller Warenbewegungen in Einzelhandelsunternehmen und damit die vollkommene Information des Managements.

Technologie forciert Wachstum.

Die jetzt „POS-System“ genannte Kasse wurde zur Schnittstelle für eine vollelektronische Supply Chain mit zahlreichen Steuerungsmöglichkeiten und neuen Funktionalitäten wie die Abwicklung bargeldloser Zahlungstransaktionen.
Wie so oft bei Innovationen, mussten auch hier anfangs Akzeptanzbarrieren überwunden werden. Ich erinnere mich an ein Interview aus 1987 mit Heinz R. Gorbach, dem langjährigen Vorstandschef der Kaiser´s Kaffee Geschäft AG: Nach einem Jahr Testmarkterfahrungen in Berliner Supermärkten nutzten erst 0,3 Prozent der Kunden die EC-Karte als Zahlungsmittel. Gorbach bezweifelte damals, dass sich der Lebensmittelhandel in Zukunft ernsthaft mit „Banking-POS“ befassen wird. Es kam aber anders: Rund 46 Prozent des Umsatzes entfallen heute nach EHI-Erhebungen in Supermärkten auf Girocard-Zahlungen.

Dann Ende der 90er Jahre läutete das Self-Scanning eine neue Innovationsstufe der Selbstbedienung ein. Die Kundinnen und Kunden registrieren die Artikel selbst, mit einem Handheld-Scanner oder Smartphone oder am stationären Self-Checkout. Bezahlt wird am SB-Terminal oder über die Smartphone-App. Während bei den teilautomatisierten Checkoutsystemen die Kunden noch selbst Hand anlegen müssen, funktionieren Hightech-Läden á la Amazon Go dank aufwändiger Sensorik vollkommen autonom. Das Ein- und Auschecken erfolgt vollautomatisiert über eine Smartphone-App. Vermutlich muss ich bald nicht mal mehr selbst einkaufen gehen und die Ware landet trotzdem bei mir zu Hause.

Ich ziehe ein Fazit: Der E-Commerce hat die Dimensionen der Selbstbedienung noch einmal stark erweitert. In meinen Augen kommt zu den Vorteilen des stationären SB-Einkaufs beim Online-Shoppen der Preis- und Qualitätsvergleich, die genaue Information über die Ware, die Zeitersparnis und der bequeme, bei Stammkunden sogar vorautorisierter Bezahlvorgang hinzu. Die Selbstbedienung – so viel steht fest – hat auch in den Zeiten des Connected Retail nichts an Aktualität eingebüßt.

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Dipl.-Kfm. Winfried Lambertz studierte in Köln Betriebswirtschaftslehre. 1984 begann er seine berufliche Laufbahn beim ISB-Institut für Selbstbedienung und Warenwirtschaft, ein Vorläufer des heutigen EHI Retail Institute in Köln. Von 1990 bis 2021 war Winfried Lambertz als Chefredakteur für die EHI-Fachzeitschriften verantwortlich. Heute ist er als freier Redakteur für das EHI tätig.

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Man hatte als Arbeitgeber die Möglichkeit aus einer Vielzahl von Bewerbungen auszuwählen, man konnte in gewissem Rahmen Ansprüche stellen und sogar über wesentliche Punkte der künftigen Zusammenarbeit verhandeln. Aus heutiger Arbeitgebersicht das reinste Schlaraffenland.
Aber, es gibt wie immer im Leben zwei Seiten. Wer sich vor etwa 30 Jahren selbst beworben hat musste Gas geben, auch mit gutem Ausbildungsabschluss und klarem Fokus auf das was man beruflich erreichen möchte, waren die Hürden hoch den Traumjob zu ergattern. Eine Vielzahl von Konkurrenten machte einem das Leben schwer, oft wurden Kompromisse eingegangen, um beruflich erst einmal Fuß zu fassen. Das war einmal.

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Innenstädte. Nach dem Lieferkettendebakel zuvor waren zumindest die Produkte allesamt wieder da, Social Media war in der Breite als neuer Kommunikationskanal zum Kunden hin entdeckt worden und mit staatlichen Geldern aus dem kollektiven Säckel wurden sogar die Vinylböden der nochmal-
gerade-eben-so geretteten Kaufhaus-Dinos gewienert. Dann kam 2023.
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