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06.April 2021 | Schwerpunkt Trend DIY

MACH’S DIR SELBST

Geschäftsführender Gesellschafter | Möller & Förster

An die braunen Pappkartons mit dem aufgedruckten Lächeln haben wir uns in der Corona-Krise mindestens genauso gewöhnt wie an Angela Merkels ernste Miene auf den Bund-Länder-Konferenzen. Bei den Pappkartons handelt es sich natürlich um die Amazon-Lieferungen, die in unserem Alltag selbstverständlich geworden sind. Allein in Deutschland steigerte der Versandhändler seinen Umsatz im vergangenen Jahr um ein Drittel – auf knapp 25 Milliarden Euro. Amazon schafft es, ein ganz konkretes Gefühl zu vermitteln: Ich habe die Möglichkeit, mir alle denkbaren Produkte zu jeder denkbaren Zeit nach Hause liefern zu lassen. Es scheint, als hätte Amazon damit das wichtigste Bedürfnis der pandemiegeplagten Gesellschaft gestillt. Mein Eindruck ist jedoch ein anderer: Das Gefühl der uneingeschränkten Verfügbarkeit ist nicht das Gefühl, nach dem sich die Menschen wirklich sehnen.

Als vergangenes Frühjahr das Corona-Virus unser gesellschaftliches Leben das erste Mal in die Schranken wies, stieg die Nachfrage nach Klopapier genauso linear wie die Schlangen vor den Bastel- und Baumärkten. Der Blick auf das Eigenheim und die Möglichkeiten der Verschönerungen veränderte sich. Zum einen, weil uns alle Möglichkeiten genommen wurden wegzusehen, zum anderen, weil das erste Mal genügend Zeit vorhanden war, alle Reparaturen und Veränderungsmaßnahmen selbst anzupacken. Und – so meine Theorie – weil das besagte „Anpacken“ vielen Menschen eine fast vergessene Freude und Gefühl der Sicherheit zurückbrachte.

DIY – Du selbst bist fähig, etwas Bleibendes zu schaffen

Schon vor der Pandemie war ein Trend zum DIY („Do It Yourself“) zu beobachten. Kochkurse wurden aus der „Hausfrauenecke“ herausgeholt und als Geburtstags- und Firmenevents verkauft. Auch die sozialen Netzwerke trugen dazu bei, dass sich Gleichgesinnte per Mausklick finden konnten und YouTube-Nutzerinnen und Nutzer bieten heute DIY-Videoanleitungen von Paletten-Bett bis Hochzeitskleid. Interessant ist aber vor allem, dass die Digitalisierung den Menschen durch Online-Shops und Gratis-Lieferungen doch eigentlich alle Möglichkeiten schenkt, absolut nichts mehr selber machen zu müssen. Es ist sozusagen das Aushängeschild der Digitalisierung, dass sich die Nutzerinnen und Nutzer tatenlos zurücklehnen können. Warum ist der Drang nach dem „Selbermachen“ trotzdem so groß?

Entertainment ist nicht alles

Was von schönen Erlebnissen häufig übrig bleibt, sind Bildaufnahmen in den sozialen Netzwerken und vor allem die Resonanz, welche die Bilder online erzeugen. Dieses akribische Streben nach der Online-Selbstdarstellung steht dem Offline-Selbsterleben häufig im Weg. Natürlich werden oft auch DIY-Geburtstage oder Community-Events inszeniert und mit Hashtags versehen der Instagram-Community präsentiert. Der Unterschied ist jedoch, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer solcher Events mehr nach Hause tragen als ein Foto. Zudem ist das Handanlegen etwas, das nicht einfach inszeniert werden kann, sondern tatsächlich passieren muss, wenn Dinge entstehen sollen. Und am Ende des Tages haben wir es geschafft, mit unseren eigenen Händen etwas Reales zusammenzubauen, zusammenzunähen oder abzuschleifen. Ich denke, es ist genau dieses Gefühl, wonach sich die Menschen vor allem in der Corona-Pandemie sehnen: etwas Bleibendes selbst zu kreieren und dadurch zumindest in diesem Vorhaben für einen kurzen Moment allein die Kontrolle zu besitzen. Die Corona-Lockdowns haben auch noch einen weiteren Effekt: Unser Eigenheim und das Ambiente zu Hause erhalten plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Wir müssen oder dürfen hier nun mehr Zeit verbringen. Das Wort „hyggelig“, das man aus dem skandinavischen Sprachraum kennt, beschreibt einen bestimmten Wunsch: sich Zuhause auch wirklich zu Hause zu fühlen. DIY kann dafür ein Schlüssel sein, denn damit kreieren wir unsere Definition von „hyggelig“ selbst.

Ist das nur der Anfang?

Meiner Vermutung nach wird der Drang nach DIY weiter wachsen und auch nach der Corona-Pandemie nicht abnehmen. Ganz unbemerkt haben die Möglichkeiten, welche die Digitalisierung und der Online-Handel geschaffen haben, auch die Option des Selbermachens wieder stärker in den Fokus gerückt. Werkeln, Drechseln, Sticken und Nähen haben in meinen Augen ganz großes Potenzial, noch einmal eine Renaissance zu erleben – eigentlich sind wir bereits mittendrin. Denn plötzlich zaubert uns nicht mehr der Amazon-Karton ein Lächeln ins Gesicht, sondern die selbstgebaute Kommode, auf welcher der Amazon-Karton abgestellt ist.

Wie erleben Sie den Trend des Selbermachens? Schreiben Sie mir!

Unser heutiger Kolumnist
PHILIPP MÖLLER
Geschäftsführender Gesellschafter – Möller & Förster Philipp Möller ist seit 2006 Geschäftsführender Gesellschafter der Möller & Förster GmbH & Co. KG. Im Oktober 2018 eröffnete er mit dem Flagship Store „HORST“ in Hamburg Bahrenfeld ein neues DIY-Store-Format, das auf urbane Kundschaft, nachhaltige Produkte und DIY-Workshops setzt. Er ist u. a. Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Beteiligungs AG, Mitglied des Verwaltungsrats der GWF MessSysteme, Schweiz und Beiratsmitglied der Dirk Rossmann GmbH sowie Gesellschafter und Beiratsvorsitzender von von Startup Teens.
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Denken Sie auch manchmal… …früher war vieles besser!
Na, fühlen Sie sich ertappt. Kein Wunder, das geht wohl den meisten so und es gibt ja auch eine Menge wonach man sich zurücksehnen kann.
Nehmen wir mal das Thema Mitarbeiter, oh sorry, Mitarbeitende, ich war doch gerade wieder einen Moment im Früher.
Man hatte als Arbeitgeber die Möglichkeit aus einer Vielzahl von Bewerbungen auszuwählen, man konnte in gewissem Rahmen Ansprüche stellen und sogar über wesentliche Punkte der künftigen Zusammenarbeit verhandeln. Aus heutiger Arbeitgebersicht das reinste Schlaraffenland.
Aber, es gibt wie immer im Leben zwei Seiten. Wer sich vor etwa 30 Jahren selbst beworben hat musste Gas geben, auch mit gutem Ausbildungsabschluss und klarem Fokus auf das was man beruflich erreichen möchte, waren die Hürden hoch den Traumjob zu ergattern. Eine Vielzahl von Konkurrenten machte einem das Leben schwer, oft wurden Kompromisse eingegangen, um beruflich erst einmal Fuß zu fassen. Das war einmal.

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Christian Lindner

Business Angel, Start-up Mentor, Management Coach, Beirat

Optimismus in herausfordernden Zeiten…

Ich will nichts mehr davon hören! Mag darüber nicht mehr reden! Von 2023. Diesem Totengräberjahr der guten Stimmung bei den Konsumenten und den diese versorgenden Händlern gleichermaßen. Da wollten wir doch alle nach
den so sonderbar hinter Masken versteckten Gesichtern der schon sehr speziellen Jahre 2020-2022 solide in 2023 durchstarten. Wollten speziell im Handel die wiederkehrenden Massen an Kunden in unseren Läden begrüßen,egal ob als digitale Shopper oder von manchen noch viel dringender erhofft als Kunden aus Fleisch und Blut in den zunehmend verwaisten Läden der
Innenstädte. Nach dem Lieferkettendebakel zuvor waren zumindest die Produkte allesamt wieder da, Social Media war in der Breite als neuer Kommunikationskanal zum Kunden hin entdeckt worden und mit staatlichen Geldern aus dem kollektiven Säckel wurden sogar die Vinylböden der nochmal-
gerade-eben-so geretteten Kaufhaus-Dinos gewienert. Dann kam 2023.
Bumm! Autsch. Bauchlandung!

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Rückblick 2023, Schwerpunkt NEU

Rückblick 2023

Silvia Talmon

Geschäftsführerin | The Retail Experience GmbH

Das Jahr ist vorbei. Fast. Die letzten Tage und Stunden im Handel ziehen sich dahin wie Kaugummi. Oder, um bei der Überschrift zu bleiben, sind so geschmackvoll wie schaler Champagner. Was bleibt, ist die Erinnerung an das Prickeln des ersten Schluckes. Verdrängt wird der abgestandene Beigeschmack. 2023… Das Jahr hat uns mit seiner Fülle an Herausforderungen und Wendepunkten gezeigt, dass wir nur selten das bekommen, was wir erwarten. Oder gar was wir erhoffen. Der Anfang war verheißungsvoll, er schmeckte nach Aufbruch, nach Veränderung, nach Hoffnung. Alles wird besser…
Und jetzt? Keiner weiß so recht, was sich mit dem Rest im Glas anfangen lässt. Wegkippen oder runterkippen? Und dann?

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